Cologne Fine Art & Design 2019
20.11. - 24.11.2019

Cologne Fine Art & Design 2019

Martin Bohn, Galerie formformsuche, Köln
Cologne Fine Art & Design 2019

Avantgarde Design der 1980er Jahre

Waren diese neuen Möbel nun Kunst- oder Gebrauchsgegenstände. Sicher waren sie zunächst ein Experiment, eine Reaktion auf tradierte Wohnkonventionen. Einblicke in das deutsche Wohnzimmer von 1980 gibt das gleichnamige Buch von Herlinde Koelbl und Manfred Sack. Aus dieser Perspektive wird der Bruch mit den bestehenden traditionellen Alltagsgegenständen des Wohnens nachvollziehbar. STILBRUCH, so der programmatische Name der ersten deutschen Designgalerie eröffnet 1979 ihre Räume gegenüber der Kölner Oper. Gerd Schulz-Pilath, Gerd Beba und Gerald Keloufi stellten hier ihre ‚Nicht-Möbel’ vor, ein „Vorstoß in bisher durch starre Immobilität versperrter Wohn- und Lebenszusammenhänge“, der bereits ein Jahr später aufgrund fehlender Verkäufe endete.“ Petra Eisele, BRDesign, 1990, S.204.
Exponat :
Tarantula, Gerd Schulz-Pilath, 1979
Unikat/ Holz furniert, Metall schwarz lackiert, Küchensiebe, HxBxT 48x109x64 cm
Hersteller: Gerd Schulz-Pilath, Galerie STILBRUCH, Deutschland

Kaum vorstellbar doch auch der Star Philippe Starck hatte zu Beginn der achtziger Jahre eine Reihe von Entwürfen realisiert und ähnliches erfahren, es fehlte die Nachfrage. Die Leuchtwand ‚Stanton Mick’ ist eines dieser frühen Objekte, benannt nach einer Figur aus dem Science-Fiction-Roman Ubik von Phillip K. Dick. Starck spricht seinen Arbeiten eine Form von Eigenleben zu. „Die Objekte ... besitzen Humor, ja Esprit. Denn das alte Dilemma des Wiederspruchs zwischen Materialien/Technik und Form ist ... schon im Keim erstickt ...: Starck macht aus der Technik ein Element der Repräsentation und aus dem Spektakel eine technische Darbietung.“ Philippe Starck, Benedikt Taschen Verlag Köln, 1991, S.15
Exponat:
Stanton Mick, Philippe Starck, 1979
Leuchtwand/ Glasplatte auf Rollen
HxBxT 198x140x66 cm
Hersteller: Electrorama, Frankreich

Mitte der achtziger Jahre beginnt Starck auch barocke Elemente in seine Entwürfe mit einzubeziehen. Ist dies Vorwegnahme oder bereits Antwort auf eine weitere Tendenz – dem Neo-Barock? Unter deutschen Designer wurde der Neobarock „zunächst als reine Dekoration abgelehnt, setzte sich jedoch aufgrund der gestalterischen Leistungen von Borek Sipek oder Elisabeth Garouste und Mattia Bonetti durch.“ Euro Design Guide, München 1991, S.164
Mit Wunderhaus vertrat Anna Golin diesen Stil in Deutschland. Ihre Münchner Galerie zeigte neben den eigenen Entwürfen von Golin u.a. Arbeiten von Florian Borkenhagen, Sandro Chia, Andre Dubreuil, Garouste-Bonetti, David Palterer und Rolf Sachs.
Unter anderen Exponat:
Chaise Longue ‚Xenia’, Anna Golin, 1985
Stahl goldfarben lackiert, Bezug erneuert
HxBxT 83x205x83 cm, SH 45 cm
Hersteller: Wunderhaus, Deutschland

Mit Unterstützung von Galerien wie Wunderhaus und der Fachpresse verbreiten sich die Ideen des Neuen Deutschen Designs, doch im deutschen Möbelmarkt hatten nur wenige Entwürfe Erfolg, denn die Präsentation einer Möbelmesse war und ist profitorientiert.
Als Ausnahme gilt Christoph R. Siebrasse, der zusammen mit Rainer Schenk und Frank Weingarten die Gruppe Confrontation: Art + Design gegründet und von 1987 bis 1994 auf der Kölner Möbelmesse vertreten war. Mit Sensilla stellte die Gruppe einen Freischwinger vor, dem eine breite mediale Aufmerksamkeit zuteil wurde, als er in den 1990er Jahren in die Kultursendung Aspekte einzog und heute in der ständigen Sammlung des MAKK Köln vertreten ist.
Unter anderen das Exponat:
Pentagon-Dodekaeder,
Christoph R. Siebrasse, 1990
Vitrine, Stahl, MDF Ölfarbe gespachtelt
HxBxT 170 x 110 x 85 cm
Hersteller: Siebrasse, Schenk und Weingarten, Deutschland

Ein avantgardistischer Blick auf Architektur – Paris Tolbiac
Fotografien von Tomas Riehle
Exponate:
Rue de Hautes Formes,
Tomas Rhiele, 1981
Silbergelatineabzug
HxB 20x26 cm
Mit dieser frühen Serie gelang Tomas Rhiele eine visuelle Untersuchung des neu errichteten Wohnkomplexes Hautes-Formes im Zentrum von Paris. Scheinbar haben die Bewohner noch keine sichtbaren Spuren des Alltags hinterlassen, alles scheint unberührt, reine Architektur. Indem Rhieles Blick den Konturen und Volumina, den Flächen und Details der Gebäude im Kontrast der Nacht folgt, findet er zu Bildkompensationen jenseits der Konventionen von Architekturfotografie.

Galerie formformsuche, Köln 2019
Cologne Fine Art & Design