Knoll International, 1950/60er Jahre
Ausstellung beendet

Knoll International, 1950/60er Jahre

Der Stuttgarter Hans G. Knoll wanderte 1937 über England in die Vereinigten Staaten aus. Dort gründete er eine kleine Firma, die ‚Hans G. Knoll Möbel-Company’, aus dieser dann 1946 die Knoll Associates Inc. hervorging. Um auch im außeramerikanischen Markt vertreten zu sein, eröffnete Hans Knoll 1951 das Unternehmen Knoll International LTD. „Die nationalen Knoll-Ableger beziehen Möbel nicht von der New Yorker Zentrale sondern beauftragen Fabrikanten in ihren jeweiligen Gastländern genau nach den Vorschriften des Stammhauses zu produzieren.“1

Die Entscheidung für den erster Knoll International Stützpunkt fiel auf Deutschland, in Stuttgart wurde die Knoll International GmbH errichtet. Bereits 1953 berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung in der Rubrik FÜR DIE FRAU über ‚Die Anmut der strengen Linie’:

„Die ‚Knoll International’ sind ein ungewöhnliches Unternehmen, da sie nicht, wie die meisten Möbelfirmen im In- und Ausland, der breiten Nachfrage entsprechend neben der konventionellen Linie unter anderem auch ein paar moderne Stühle und Sessel herstellt, sondern ihr Programm ausschließlich von den Entwürfen radikal neuzeitlicher Architekten bestreiten lässt. Eine internationale Architektenelite arbeitet in der Gruppe zusammen: Nord- und Südamerikaner, Finnen, Japaner, Italiener, Franzosen.“2

In einem Katalog der deutschen Knoll International aus den 1950er Jahren findet sich die Namensliste dieser Elite: Franco Albini, Harry Bertoia, Bonet/ Kurchan/ Hardoy, André Dupré, Pierre Jeanneret, Florence Knoll, Mies van der Rohe, George Nakashima, Isamu Noguchi, Kurt Nordström, Eero Saarinen, Charles Sévigny, Abel Sorensen, Richard Stein, Ilmari Tapiovaara.

Das dieses ungewöhnliche Unternehmen entstand, war das Ergebnis der Verbindung Hans Knoll und Florence Schust. Sowohl Knoll also auch Schust hatten durch Ausbildung, Familie und Freunde enge Kontakte zur Möbel- und Architekturszene der 1930/40er Jahre. Ihre Zusammenarbeit begann um 1941.

„With Florence’s design skills and Hans’ business acumen and salesmanship, the pair, who married in 1946, grew the nascent company into an international arbiter of style and design. Florence also seeded contributions with her friends Eero Saarinen, Harry Bertoia, and Mies van der Rohe.“ 3

Florence Knoll leitete die Planungsabteilung, „unter ihrer Führung entstand ein Team, das wahre Pionierarbeit auf dem Gebiet der Gestaltung moderner Möbel und Textilien leistete. (...) Florence Knoll hat selbst die Entwürfe sämtlicher Ausstellungs-räume der Firma in den Vereinigten Staaten und den anderen Ländern geschaffen und ausgeführt.“ 4

Sie selbst, „obwohl auch von der New York Times als Pionierin moderner Möbel gefeiert, bezeichnet ihre Kreationen keineswegs als modern: Mein Geschmack jedenfalls ist sehr konservativ. Sie legt Wert darauf ihre Möbel und Einrichtungen als zeitgenössisch (contemporary) zu beschreiben. (...) (es) zieren ihre Interieurs und Möbel auch in der Bundesrepublik Verwaltungsgebäude und Direktionsräume, kommunale Büros und Musentempel.“ 5

In der Rekrutierung von Entwürfen ging sie keineswegs konservativ vor. „Florence Knoll schwatzte beispielsweise ihrem Lehrer Mies van der Rohe jene Modelle ab, die bereits 1929 auf der Weltausstellung von Barcelona Aufsehen erregt hatten.“ Zu Harry Bertoia heißt es, „Schuh stöberte ihn in Kalifornien auf und überredete ihren Mann, dem Metallbildhauer eine Metallwerkstatt einzurichten. (...) Die Knolls hofften, das sich daraus irgend etwas Brauchbares für ihr Einrichtungsprogramm ergeben würde.“ 6

Um auf weitere ‚brauchbare’ Entwürfe aufmerksam zu werden, konnte jede Knoll – Filiale zusätzliche Modelle aufnehmen, wenn dies im Hinblick auf den nationalen Markt erfolgversprechend war. Dazu war allerdings die praktische Erprobung in der New Yorker Zentrale Bedingung. War die Entscheidung positiv, gingen Zeichnungen und ggf. Muster an alle Filialen, die dann wiederum entscheiden konnten, ob sie das Möbel aufnehmen und produzieren wollten. Diese Entscheidungsfreiheit galt auch für das Stamm-Sortiment, jeder sogenannten Filiale stand es frei, „auf die Herstellung von Kollektionsstücken zu verzichten.“ 7

Als 1955 Hans Knoll starb, war der Aufbau außeramerikanischen Stützpunkte längst nicht abgeschlossen, für Deutschland übernahm Toby E. Rodes die Leitung. Insgesamt elf Jahre von 1955 bis 1966 war Toby E. Rodes Teil der Geschäftsleitung von Knoll International und für den Aufbau der Tochterfirmen in Italien, Lichtenstein, der Schweiz und den Ausbau Deutschland verantwortlich. Jener Toby hat wohl auch die Titelgeschichte im Wochenmagazin ‚Der Spiegel’ von 1960 lanciert, er war einer dieser Netzwerker seiner Zeit. In seiner Autobiografie ‚Einmal Amerika und zurück. Erinnerungen eines amerikanischen Europäers’ findet sich die Rückschau auf ein interessantes Leben „am Puls seiner Zeit“8, dazu gehörten nicht nur Knoll International, sondern auch Marshallplan, Schuhman-Erklärung und die Berlinale.

Für die französische Knoll International hatten Florence und Hans Knoll bereits Yves Vidal gewonnen - ihn hatten sie durch Charles Sévigny kennengelernt. Sévigny lebte seit 1948 in Paris und arbeitete dort für ein „American interior design magazine“. Kurz danach erhielt er den Auftrag alle amerikanischen Botschaften in Europa neu auszustatten. Die Knolls übertrugen ihm die Aufgabe „(to) design(ed) the first boutique in Paris for Knoll enterprises. (...) Together Charles and Yves joined forces to promote Knoll; Yves was leading the company forward while Charles used his creative vision to contribute new designs“ 9

Eines ihrer Projekte war York Castle, ein imposantes maurisch-portugiesisches Gebäude des 16. Jahrhunderts, in der Altstadt von Tanger, Marokko. Yves Vidal erwarb das Gebäude um 1960, renovierte es zusammen mit Sévigny und dem belgischen Architekten Robert Gerolfi.

Angelehnt an die traditionelle Architektur integrierten sie die Knoll-Entwürfe von Eero Saarinen, Florence Knoll und Harry Bertoia in das Einrichtungskonzept. Das Projekt York Castle, fotografiert von Pierre Berdoy, veröffentlichte die Zeitschrift L’ OEIL 1962 in der Dezemberausgabe.

Anlässlich der Ausstellung zeigen wir York Castle, 22 Original Fotografien von Pierre Berdoy und eine Auswahl Möbel der Knoll International „Elite“ dieser Zeit.



1 Knoll – Im Haut- und Knochenstil. In: Der Spiegel, 16/1960, 13. April 1960.
2 Rahms, Helene: Die Anmut der strengen Linie. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 152, 04. Juli 1953.
3 Knoll Designer Bios, Florence Knoll, http://www.knoll.com/designer/Florence-Knoll Stand vom 22. Februar 2015.
4 Clahsen Dr., Wolfgang: Fünf Jahre Knoll International GmbH, Informationsbroschüre, 1951-1956, Stuttgart 1956.
5 Knoll – Im Haut- und Knochenstil. In: Der Spiegel, 16/1960, 13. April 1960.
6 Knoll – Im Haut- und Knochenstil. In: Der Spiegel, 16/1960, 13. April 1960.
7 Knoll – Im Haut- und Knochenstil. In: Der Spiegel, 16/1960, 13. April 1960.
8 Rhodes, Tobey E.: Einmal Amerika und zurück. Erinnerungen eines amerikanischen Europäers. Zürich, 2009.
9 Christies: Design Icons: Charles Sévigny and Yves Vidal, 01. Oktober 2009, http://www.christies.com/features/2009-October-Paris-Design-Icons-Charles-S%C3%A9vigny-Yv-249-1.aspx Stand vom 22. Februar 2015.